Sachwertverfahren bei Immobilien: So funktioniert die Berechnung

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Sachwertverfahren dient zur Ermittlung des materiellen Wertes einer Immobilie, basierend auf Herstellungskosten, Bodenrichtwert und Kosten der Außenanlagen.
  • Es wird vor allem angewendet, wenn Vergleichsobjekte fehlen.
  • Die Berechnung wird auf Basis der Herstellungskosten, der Alterswertminderung und des Sachwertfaktors durchgeführt.
In diesem Artikel:

Das Sachwertverfahren ist eins von drei Bewertungsverfahren bei der Ermittlung des Verkehrswerts für Immobilien, das insbesondere bei eigengenutzten Objekten und speziellen Gebäuden zur Anwendung kommt. Erfahren Sie, wie der Sachwert berechnet wird und welche Rolle der Regionalfaktor und die Alterswertminderung bei der Ermittlung spielen.

Was ist der Sachwert einer Immobilie?

Der Sachwert einer Immobilie ist der materielle Wert der baulichen und physischen Bestandteile. Er umfasst das Grundstück, die darauf errichteten Gebäude und die festen Einrichtungen. Die Immobilienbewertung erfolgt unabhängig von Markt- oder Nachfragefaktoren.

Die Ermittlung des Sachwerts basiert auf:

  • Herstellungskosten des Gebäudes
  • Bodenrichtwert des Grundstücks
  • Herstellungskosten der Außenanlagen

Der Sachwert orientiert sich an den Kosten eines vergleichbaren Neubaus zum Bewertungsstichtag. Er unterscheidet sich vom Verkehrswert, da er ausschließlich objektive und bauliche Kriterien einbezieht.

Was ist das Sachwertverfahren für Immobilie?

Das Sachwertverfahren ist ein normiertes Verfahren zur Ermittlung des Verkehrswerts oder Beleihungswerts einer Immobilie. Es basiert auf den Herstellungskosten, die an den Baupreisindex und die Marktsituation angepasst werden. Die rechtliche Grundlage bildet die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV), insbesondere §§ 35–39, ergänzt durch die Sachwertrichtlinie.

Das Sachwertverfahren ist eines von drei anerkannten Wertermittlungsverfahren neben dem Ertrags- und Vergleichswertverfahren. Es legt den Fokus auf objektive Kosten und weniger auf Marktfaktoren wie Angebot und Nachfrage. Der Ablauf und die Berechnungsmethoden sind gesetzlich genau festgelegt.

Die Berechnung erfolgt in mehreren Schritten:

  • Ermittlung des vorläufigen Sachwerts
  • Berücksichtigung des Altersminderungsfaktors
  • Anpassung durch den Sachwertfaktor

Das Ergebnis ist der endgültige Sachwert, der oft vom tatsächlichen Marktwert abweichen kann. Ursache ist die geringe Berücksichtigung von Markteinflüssen im Vergleich zu den Herstellungskosten.

Wann wird das Sachwertverfahren angewendet?

Das Sachwertverfahren wird eingesetzt, wenn für eine Immobilie nur wenige oder keine geeigneten Vergleichsobjekte verfügbar sind. Dies betrifft vor allem spezielle oder individuelle Gebäude, deren Eigenschaften nicht standardisiert bewertet werden können. Typische Anwendungsfälle sind Immobilien, deren Nutzung oder Bauweise von der Norm abweicht.

Zu den Immobilienarten, bei denen das Sachwertverfahren häufig angewendet wird, zählen:

  • Individuelle Wohnimmobilien wie Architektenvillen oder Ein- und Zweifamilienhäuser
  • Kommunale Gebäude ohne Renditeorientierung, z. B. Schulen oder Kindergärten
  • Industrielle Gebäude wie Lagerhallen
  • Denkmalgeschützte Bauwerke oder historische Gebäude
  • Infrastrukturgebäude wie Bahnhöfe

Das Verfahren wird bevorzugt, wenn Marktfaktoren wie Angebot und Nachfrage keine zentrale Rolle spielen.

Welche Faktoren fließen in die Berechnung des Sachwerts ein?

Der Sachwert einer Immobilie wird durch die Vorgaben der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) geregelt. Dabei werden spezifische Faktoren für die Ermittlung der Herstellungskosten berücksichtigt, die sich an der baulichen Substanz orientieren.

  1. Der Bodenrichtwert, also der Wert des Grundstücks, ermittelt durch den Gutachterausschuss basierend auf regionalen Verkaufspreisen.
  2. Die Herstellungskosten der baulichen Anlagen, ermittelt durch Bruttogrundfläche, Materialkosten und Alterswertminderung.
  3. Die Herstellungskosten der Außenanlagen wie Garagen oder Zufahrten.

Die ImmoWertV benennt detaillierte Kriterien für die Berechnung der Herstellungskosten:

  • Ausbauart: Ob das Gebäude unterkellert ist oder ein ausgebautes Dachgeschoss besitzt.
  • Qualität der Bauteile: Einzelbewertung von Außenwänden, Dach, Fenstern, Türen, Treppen, Fußböden, Heizung und Sanitäranlagen.

Diese Faktoren fließen in die Berechnung des Sachwerts ein, der anschließend mit regionalen Marktsituationen abgeglichen wird. Die Genauigkeit des Ergebnisses hängt maßgeblich von der Datenqualität der zugrunde liegenden Kaufpreissammlungen ab.

Beispiel: So wird der Sachwert von Immobilien ermittelt

Das Sachwertverfahren folgt einem klar definierten Schema, das in fünf Schritten umgesetzt wird. Jeder Schritt berücksichtigt spezifische Faktoren, die zur Ermittlung des Sachwerts einer Immobilie beitragen.

Schritt 1: Bodenwert ermitteln

Der erste Schritt im Sachwertverfahren umfasst die Ermittlung des Bodenwerts. Dieser spiegelt den Wert des Grundstücks wider, unabhängig von darauf befindlichen Gebäuden oder anderen Anlagen.

Formel:

Grundstücksfläche × Bodenrichtwert = Bodenwert

Erläuterung:

Der Bodenwert ergibt sich aus der Multiplikation der Grundstücksfläche mit dem Bodenrichtwert. Der Bodenrichtwert ist ein regional festgelegter Durchschnittswert, der von Gutachterausschüssen anhand von Vergleichswerten ermittelt wird.

Beispiel:

Ein Grundstück mit einer Fläche von 500 m² liegt in einem Gebiet mit einem Bodenrichtwert von 250 € pro m². Der Bodenwert wird wie folgt berechnet:

Bodenrichtwert pro m² Grundstücksfläche (m²) Bodenwert (€)
250 € 500 125.000

Schritt 2: Gebäudeherstellungskosten berechnen

Im zweiten Schritt des Sachwertverfahrens wird der theoretische Neubauwert des Gebäudes ermittelt. Dafür werden die Regelherstellungskosten und die Bruttogrundfläche der Immobilie herangezogen.

Formel:

Bruttogrundfläche × Regelherstellungskosten = Gebäudeherstellungskosten

Erläuterung:

Die Regelherstellungskosten beschreiben die standardisierten Kosten für den Bau eines Gebäudes pro Quadratmeter. Diese Werte basieren auf der Gebäudeart und dem Baustandard. Die Bruttogrundfläche umfasst alle nutzbaren Flächen, einschließlich Keller und Dachboden.

Beispiel:

Ein Gebäude mit einer Bruttogrundfläche von 150 m² und Regelherstellungskosten von 1.300 € pro m² hat folgende Herstellungskosten:

Regelherstellungskosten pro m² Bruttogrundfläche (m²) Gebäudeherstellungskosten (€)
1.300 € 150 195.000

Schritt 3: Gebäudesachwert berechnen

Im dritten Schritt wird der Wert der Bausubstanz unter Berücksichtigung von Abnutzung und Alterung berechnet. Dieser Wert ist ein wichtiger Bestandteil im Schema des Sachwertverfahrens.

Formel:

Gebäudeherstellungskosten – Alterswertminderung = Gebäudesachwert

Erläuterung:

Die Alterswertminderung wird basierend auf dem Alter der Immobilie und einer geschätzten Gesamtnutzungsdauer (meist 80 Jahre) ermittelt. Der Wertverlust beträgt in der Regel 1,25 % pro Jahr.

Beispiel:

Ein Gebäude mit Herstellungskosten von 195.000 € und einer Alterswertminderung von 48.750 € (bei 25 Jahren Alter) hat folgenden Gebäudesachwert:

Gebäudeherstellungskosten (€) Alterswertminderung (€) Gebäudesachwert (€)
195.000 48.750 146.250

Schritt 4: Vorläufigen Sachwert berechnen

Der vorläufige Sachwert wird im nächsten Schritt durch Addition des Gebäudesachwerts und des Bodenwerts ermittelt. Dieser Wert stellt die Grundlage für weitere Anpassungen dar.

Formel:

Gebäudesachwert + Bodenwert = Vorläufiger Sachwert

Beispiel:

Ein Gebäudesachwert von 146.250 € wird mit einem Bodenwert von 125.000 € addiert. Daraus ergibt sich:

Gebäudesachwert (€) Bodenwert (€) Vorläufiger Sachwert (€)
146.250 125.000 271.250

Schritt 5: Finalen Sachwert ermitteln

Im letzten Schritt der Berechnung wird der vorläufige Sachwert an die regionalen Marktbedingungen angepasst. Dies geschieht durch den sogenannten Marktanpassungsfaktor (auch Sachwertfaktor oder Regionalfaktor).

Formel:

Vorläufiger Sachwert × Marktanpassungsfaktor = Finaler Sachwert

Beispiel:

Ein vorläufiger Sachwert von 271.250 € wird mit einem Marktanpassungsfaktor von 0,85 multipliziert. Der finale Sachwert beträgt:

Vorläufiger Sachwert (€) Marktanpassungsfaktor Finaler Sachwert (€)
271.250 0,85 230.562

Zusammenfassung der Berechnung

Berechnungsschritt Wert (€)
Bodenwert 125.000
Gebäudeherstellungskosten 195.000
Alterswertminderung −48.750
Gebäudesachwert 146.250
Vorläufiger Sachwert 271.250
Marktanpassungsfaktor × 0,85
Finaler Sachwert 230.562

Vor- und Nachteile des Sachwertverfahrens

Vorteile des Sachwertverfahrens Nachteile des Sachwertverfahrens
Geeignet für einzigartige Immobilien Marktentwicklung wird ungenügend berücksichtigt
Substanzwert steht im Fokus Für Eigentumswohnungen kaum geeignet
Aktuelle Herstellungskosten im Blick Mangelhafte Daten für moderne Gebäude
Vergleichbarkeit bei ähnlichen Objekten Kann unrealistische Werte liefern

Wann wird das Ertragswertverfahren und wann das Sachwertverfahren angewendet?

Das Sachwertverfahren wird verwendet, wenn der Wert einer Immobilie durch ihre Substanz und Baukosten bestimmt wird. Es ist besonders geeignet für eigengenutzte Immobilien wie Einfamilienhäuser oder Spezialimmobilien, bei denen keine marktüblichen Erträge erzielbar sind. Typisch ist dieses Verfahren auch bei Immobilien in wenig entwickelten Märkten oder Regionen, wo Vergleichsdaten Mangelware sind.

Das Ertragswertverfahren kommt bei Renditeobjekten zum Einsatz, bei denen die wirtschaftliche Nutzung und die zu erwartenden Einnahmen im Vordergrund stehen. Dazu gehören Mietshäuser, Bürogebäude und Gewerbeimmobilien. Die Berechnung basiert auf den erzielbaren Nettoerträgen sowie dem Kapitalisierungszins, der den Markt und das Risiko reflektiert.

Die Berechnung des Sachwerts durch das Finanzamt

Zur Berechnung der anfallenden Erbschaftssteuer auf Immobilien pauschalisiert das Finanzamt den Verkehrswert auf Basis von Vergleichsdaten. Das Sachwertverfahren wird angewendet, wenn der Verkehrswert einer Immobilie nicht durch Vergleichs- oder Ertragswerte zuverlässig ermittelt werden kann. Dies geschieht häufig bei besonderen oder individuellen Immobilien, für die keine ausreichenden Vergleichswerte vorliegen.

Laien können den Sachwert nicht eigenständig berechnen, da das Verfahren komplex ist. Es berücksichtigt neben den Baukosten auch Abschreibungen, Bodenwert und regionale Faktoren. Selbst erstellte Berechnungen, etwa in Excel, werden vom Finanzamt nicht akzeptiert, da diese nicht den strengen Vorgaben der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) entsprechen.

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