Was ist der Unterschied zwischen öffentlicher Bestellung und der Zertifizierung gemäß DIN EN ISO/IEC 17024?
Bei der Personenzertifizierung gemäß DIN EN ISO/IEC 17024 werden die Kompetenzen und Qualifikationen einer natürlichen Person zertifiziert. Dazu gehört sowohl eine (Wissens-) Prüfung als auch eine Bewertung auf Übereinstimmung mit dem Zertifizierungsprogramm. Dies ist ähnlich einer öffentlichen Bestellung nach § 36 GewO zu sehen, wobei die Voraussetzungen, Prüfungen und Überwachungen bei einer Personenzertifizierung tatsächlich deutlich schärfer ausfallen.
Bei einer Personenzertifizierung gemäß DIN EN ISO/IEC 17024 wird jede zertifizierte Person nach einheitlichen Kriterien geprüft, was bei einer öffentlichen Bestellung nicht unbedingt der Fall sein muss. So wurden (und werden) beispielsweise Personen öffentlich bestellt, die weder eine (schriftliche und / oder mündliche) Prüfung ablegen, noch entsprechende Gutachten einreichen mussten. Dies ist bei einer Personenzertifizierung ausgeschlossen.
In der Überwachungsphase gemäß DIN EN ISO/IEC 17024 überwacht die Zertifizierungsstelle den einzelnen Sachverständigen hinsichtlich seiner Arbeiten (Gutachtenerstellung, Dokumentation etc.). Bei einer Rezertifizierung werden Gutachten angefordert und diese entsprechend dem Zertifizierungsprogramm geprüft. Die Überwachung bei einer öffentlichen Bestellung fällt vom Prüfumfang her deutlich geringer aus.
Die Bezeichnung „öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger“ ist ebenso wie die Bezeichnung „Zertifizierter Sachverständiger gemäß DIN EN ISO/IEC 17024“ geschützt. Jedoch stellt die Bezeichnung „öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger“ nicht unbedingt und in jedem Fall ein Qualifikationsmerkmal hinsichtlich der Sach- und Fachkompetenz des Sachverständigen dar. Die öffentliche Bestellung existiert nur in Deutschland, im europäischen Rechtsraum ist sie ansonsten unbekannt.
Öffentliche Bestellung und Zertifizierung nach ISO/IEC 17024 sind gleichwertig
Die Gleichwertigkeit von öffentlicher Bestellung und Zertifizierung nach DIN ISO 17024 ist seit 2017 nun auch gerichtlich untermauert.
In einem Fall ging es um die Frage, ob das Gericht einen Gutachter hinzuziehen kann, der zwar nicht öffentlich bestellt, jedoch nach 17024 zertifiziert ist. In seinem Urteil betonte das Gericht, dass die Zertifizierung nach DIN ISO 17024 einen Nachweis der Sachkunde darstellt und somit der öffentlichen Bestellung in nichts nachstehe.
Der Antrag, einen zertifizierten Sachverständigen nicht anzuerkennen, weil er nicht öffentlich bestellt ist, wurde zurückgewiesen.
In seiner Argumentation folgerte das Gericht, dass eine fehlende öffentliche Bestellung kein Hinweis auf eine fehlende Sachkunde sei und dass ferner jedes Gericht frei in der Benennung eines geeigneten Sachverständigen sei. Laut Vorschrift in Paragraph 404 Abs.2 ZPO sei zwar ein öffentlich bestellter Sachverständiger vorzuziehen - allerdings handle es sich hierbei nur um eine Ordnungsvorschrift. Die Beschwerde des Antragstellers gegen das Urteil wurde vom Oberlandesgericht Stuttgart mit einem Verweis auf die ZPO als nicht zulässig erklärt. Laut ZPO erfolgt die Bestimmung des Sachverständigen durch das Gericht und diese Entscheidung sei nicht anfechtbar. (ZPO 245 §404 Abs. 1 und § 490 Abs. 2). Die Entscheidung des Landgerichts Hechingen 1 OH 19/15 vom 19.07.2017 wurde somit bestätigt.
Sind für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige öffentlich bestellt, so sollen gemäß § 404 Abs. 3 ZPO vom Gericht andere Personen nur dann gewählt werden, wenn besondere Umstände es erfordern. Die Vorschrift ist jedoch als bloße Ordnungsvorschrift auszulegen (Zöller-Greger, ZPO, § 404 Rn. 2; OLG Hamm, Urteil vom 07.06.2010 – Az. 6 U 213/08, OLG Düsseldorf, Urteil vom 04.12.2012, Az. I-23 U 181/11). Dementsprechend handelt das Gericht nicht fehlerhaft, wenn es einen nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierten Sachverständigen und nicht einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen beauftragt.
Ist ein Sachverständiger zertifiziert, aber nicht öffentlich bestellt, so begründet die fehlende öffentliche Bestellung keine Vermutung für fehlende Fachkunde. Vielmehr ergibt sich die Sachkunde aus seiner Zertifizierung. Eine solche Zertifizierung, erfolgt sie nach dem Standard DIN EN ISO/IEC 17024, ist ein der öffentlichen Bestellung vergleichbarer Sachkundenachweis und diesem gleichzusetzen (LG Hechingen, Beschluss vom 19.07.2017, Az. 1 OH 19/15).